aa CRAAFT : Bass-Verstärker BC 122 :
(wieder) Inbetriebnahme - Restauration
Echt solide gebaut . . . Ein toller Bass-Amp Handwired Made in Germany
Das sind Qualitäts-Merkmale die bei Gitarren-Verstärkern besonders beliebt sind.
Ich mag das auch : Röhren-Amp's und Hand-Wired . . . schon immer.
Der CRAAFT - Bass-Verstärker stand etwa 10 bis 15 Jahre ungenutzt im Übungsraum der befreundeten Berliner Band : 'Feedback' herum, bis mir anläßlich einer 'Bassmann-Aushilfe' dort angeboten wurde, doch den alten Röhren Bass-Verstärker zu benutzen, welcher bereits ewige Jahre ungenutzt dort steht. Das ist eine gute Idee, weil ich dann dem eigentlichen Bassmann das 'SetUp' seines Bass-Amp's nicht verstellen muss. Mein Bass soll dort natürlich auch akzeptabel klingen. Außerdem gehört schließlich auch eine gute, alte Ampeg-Lautsprecherbox zu der bewährten Kombination eines 'Ex-Bassisten'. Ausserdem ist mir ein 18-Zoll Bass-Chassis und Hochtöner immer angenehm . . .
Gesagt , getan . . .
Nun weiß ich aus eigener Erfahrung , das die Wieder- Inbetriebnahme eines Röhren-Verstärkers in dieser Altersklasse nach so langer Zeit durchaus gefährlich werden kann. Problematisch sind hauptsächlich die Elektrolyt-Kondensatoren im Netzteil des Verstärkers. Diese Becher-Elko's arbeiten als sog. Lade- und Sieb-Kondensatoren - sie sorgen für eine möglichst brummfreie und stabile Versorgungs-Spannung.
Aber was soll schon Schief gehen . . . ich kenne das ja
Eine schaltbare Steckdosen-Leiste in sofortiger Erreichbarkeit ist besonders Wichtig, damit man sofort Ausschalten kann wenn irgend etwas verdächtiges passiert . . .
Nach dem Einschalten sollte man unbedingt in der Nähe bleiben, um sofort Ausschalten zu können, falls es verdächtige Geräusche oder Gerüche gibt . . . oder beides . . . Defekte oder Teil-Defekte Elko's werden häufig warm bzw. heiß, weil das Elektrolyt trocken und Leitfähig geworden ist. Es fließt Gleichstrom durch den Kondensator , Spannung fällt ab, er wird warm, der Innendruck steigt, das Not-Ventil sollte im Extremfall öffnen - ansonsten explodiert der Elko. (Das Not-Ventil ist ja auch schon über 30 Jahr alt . . .) Das gibt meistens leider eine riesen Sauerei . . . mindestens giftigen Qualm. Stecker raus , Fenster auf und den Raum verlassen . . . giftiges PCB liegt in der Luft.
Zuerst immer nur die Röhren heizen lassen - der Verstärker bleibt in 'Stand By' eine viertel oder halbe Stunde. Das ist besonders für die Endröhren wichtig, die ja ein größeres Volumen bzw. Vakuum haben. Durch langes Heizen verbessert sich das Vakuum von Elektronenröhren wieder. In dieser Zeit steht das gesamte Netzteil schon unter Spannung. Bleibt alles friedlich, schaltet man 'StandBy' aus und gibt die Stromversorgung für den gesamten Verstärker frei. Nun höre ich das Ruhe- Rauschen und Restbrummen des Amps. Mißtrauisch behalte ich die Anodenbleche der 4 Endröhren EL34 im Blick, ob möglicherweise eine anfängt zu Glühen. Alles bleibt ruhig - der alte CRAFFT funktioniert. Die Bandprobe beginnt. Nach und nach die kratzenden Poti's in Position gebracht und immer wieder mal hinten rein geguckt und geschnüffelt , ob was qualmt oder glüht. Nach ungefähr einer halben Stunde höre ich meinen Bass dann nicht mehr - das Ruhebrummen ist jetzt viel lauter. Alles klar das Netzteil ist kaputt . . .
Die Suche nach Unterlagen für diesen Verstärker verlief leider ungünstig. Nichtmal einen Schaltplan konnte ich im Netz finden . . . aber in einem Musiker-Forum einen Hilferuf mit einer Fehler-Beschreibung die auch auf diesen Verstärker zutrifft, wie ich im Laufe der Benutzung feststellen werde.
Zunächst muss er allerdings erst einmal repariert werden - wie fast immer - ohne Schaltplan. Aber der entsteht nebenher mit der Software : SPlan7
Beim 'CRAAFT' beträgt die Leerlaufspannung am Lade-Elko immerhin 470 V. Im originalen Zustand waren es zwei Standard- Becher-Elkos mit je 2 mal 100 µF 350 Volt. Die Elkos in jedem Becher wurden parallel geschaltet , dann die beiden Becher-Elko's in Reihe, also hintereinander geschaltet. Da das Alu-Gehäuse der gemeinsame Minus-Pol ist , liegt dann bei dem jeweilen Elko die halbe Betriebsspannung an seinem Gehäuse an - also etwa 235 Volt. Deshalb bekam dieser Elko auch einen gelben Kunststoffschlauch zur Isolation übergestülpt, und er ist auch isoliert auf das Chassis montiert. Alles in allem ein sehr gefährlicher , aus heutiger Sicht fragwürdiger Aufbau. Wer dort anfasst bekommt einen elektrischen Schlag ! Die Gesamt-Kapazität beträgt 100 µF, die Gesamt-Spannungsfestigkeit 700 Volt.
An dieser Stelle der Hinweis : Überlassen sie Reparaturen und sonstige Eingriffe an solchen Geräten Technikern, die sich damit auskennen ! Begeben sie sich nicht in Lebensgefahr !
Die Schaltung des originalen Netzteiles
Die Schaltung der modifizierten Stromversorgung
Ein mögliches Problem : Ein größerer Lade-Elko verursacht auch einen größeren Ladestromstoß im Moment des Einschaltens. Das sind zwar nur Mikro-Sekunden, kann aber trotzdem für den Brücken-Gleichrichter tödlich sein, weil dessen zulässiger Spitzenstrom eventuell überschritten wird. Hier sind es sogar Einzel Dioden, sodaß ein Austausch leicht möglich wäre. Die BY127 soll 1 A abkönnen, was durchaus Grenzwertig sein kann. Ich werde sie durch kräftigere ersetzen.
Im Chassis links oben ist der Hochlast-Vorwiderstand : 10 Ohm 50 Watt mit Alu-Kühlkörper zu sehen , welcher die Netzspannung um ca. 10 Volt auf 220 Volt Primärseitig reduziert. Das ist sehr wichtig, weil sonst das gesamte Spannung-Niveau des Verstärkers ansonsten etwas höher ist. Das wird bei vielen Geräten aus der 220V Volt-Zeit zum Problem.
An der Siebkette wurden schon mal die Elko's ausgetauscht. Der älteste , welcher diesmal kaputt ist, trägt das Datum : Dez. 69 - die schon ersetzten : Sep. 89
Sämtliche Elektrolyt-Kondensatoren wurden ausgetauscht.
Das sog. 'Elektrolyt' dieser Kondensatoren ist eine Paste , welche sich zwischen den beiden 'Platten' also den beiden aufgewickelten Folien des Kondensators befindet. Dieses Elektrolyt ermöglicht es überhaupt erst Kondensatoren mit Kapazitäten im Milli-Farad-Bereich und in derart kleinen Bauformen herzustellen. Leider trocknet dieses Elektrolyt im Laufe der Zeit (Jahre) aus , was durchaus einer natürlichen Alterung entspricht. Ist der Elko noch zusätzlichen Wärmequellen ausgesetzt z.B. neben Netztrafo's oder sogar neben Röhren montiert - oder wird er durch hohe Belastung zu warm , altert er noch schneller.
Zwei neue Becher-Elkos
100 + 100 µF 500 Volt
Die Elko's stehen genau neben dem Netztrafo - werden leider gut beheizt. Der linke 19 mm Durchbruch wird nicht benutzt. Der mittlere ist auch original, der rechte vom Vorbesitzer für den zusätzlichen 100+100 µF Siebelko hinzugefügt. Da die neuen Elko's und deren Ringschellen eine 35 mm Bohrung erwarten, begann der schwierigste Abschnitt dieser Aktion. Das Chassisblech ist dermaßen 'hart', das ein extra angeschaffter Stufenbohrer das gar nicht schafft. Man kann den Amp ja auch nicht wirklich irgendwo einspannen . . . Bei jedem 'festhacken' des Stufenbohrers bekommt man ein's aufs Handgelenk. Die Bohrmaschine über eine externe, spezielle Drehzahlsteuerung. Das Material muss ja weg geschält werden. Ein anderer Stufenbohrer wurde angeschaft - es bleibt schwierig. Feilen geht auch nicht gut. Es ist hartes Stahlblech - kein Alu.
Da es jetzt auch 100 + 100 µF 500 V Elko's gibt, hätte ein neuer Elko gereicht, ich nutze aber die Möglichkeit für zusätzliche Siebung bzw. Vergrößerung der Lade-Kapazität gleich aus. Durch einen größeren Lade-Elko hat das Netzteil etwas mehr 'Headroom'. Die Anoden-Spannung sackt bei Peaks etwas später ab, der Verstärker bleibt länger 'Clean'.
Allerdings könnten die Dioden des Brücken-Gleichrichters nun überfordert sein.
In diesem Fall lag die Heizspannung bereits über 7,0 V anstatt 6,3 Volt. Die Röhren wurden etwas Überheizt, was evt. nur längerfristig schadet.
Anders schon die Anodenspannung. Diese Wicklung transformiert 230 Volt Netzspannung auf 340 Volt Sekundär. Durch die Glättung des Lade-Elko's ergibt sich eine effektive Gleichspannung von 470 Volt DC. Vorher bei 220 Volt Netzspannung waren es errechnete 455 V. Während der zusätzlich eingebaute Siebelko (450 V) bei 220 V Netzspannung bereits im Grenzbereich war, ist er jetzt in der 230 V - Zeit bereits im kritischen Bereich.
Die schwarzen axialen Elko's ( links unten ) gehören zu den Siebgliedern der Vorstufe , Phasenumkehrstufe , sowie zur negativen Gitter-Spannungsversorgung und wurden natürlich auch ersetzt.
Zur Erhöhung der Sicherheit wird noch eine Feinsicherung zwischen dem Gleichrichter und Lade-Elko eingebaut.
Günstiger wäre es allerdings, wenn die Sicherung-Halter für die Netz-Sicherung und die hinzugekommene Anodenstrom-Sicherung in die Chassis-Rückseite eingesetzt werden und somit von außen zugänglich sind, damit dieser im Falle des Auslösens auch leicht ersetzt werden könnten, ohne den Verstärker zerlegen zu müssen - was nicht gerade einfach ist - schon gar nicht auf der Bühne.
Genau das ist nämlich einem Musiker passiert, der sich auf Grund meines Berichtes bei mir gemeldet hat. Durch eine Spannungsspitze auf dem Bühnen-Stromkreis haben die Netzsicherungen sämtlicher Verstärker der Band ausgelöst und konnten ersetzt werden - nur bei diesem Craaft-Verstärker leider nicht - Dumm gelaufen. Danke für den Tip !
Die Verstärker-Schaltung während der Restauration aktualisiert
Die Stromversorgung des Verstärkers funktioniert wieder, als nächstes müssen die Ruheströme der Endröhren auf die richtigen und vor allem gleiche Werte eingestellt werden.
Das geht am einfachsten und am besten mit dem 'Bias-Master' der Fa. ' The Tube Amp Doctor' .
Ansonsten müsste man in die auf Masse gelegten Kathoden der EL 34 10 Ohm Widerstände einfügen und dort den Spannungsabfall-Abfall messen. Bei 30 mA Ruhestrom entspricht das 0,3 Volt an 10 Ohm.
Es ist sowieso günstig 10 Ohm Widerstände zwischen Kathode und Masse einzusetzen. Geringfügige Unterschiede zwischen einem Röhren-Paar werden dadurch kompensiert und er schützt gleichzeitig die jeweilige Endröhre vor zu hohen Strömen falls der Widerstand auch knapp genug in seiner Belastbarkeit bemessen ist. Fließt z.B. auf Grund eines Defektes im Verstärker in der oder den Röhren zu viel Strom, würde der Widerstand im Ernstfall durchbrennen und den Stromfluß unterbrechen. Er wirkt dann wie eine 'Lebensversicherung' für die Endröhre bzw. eine Schadensbegrenzung des gesamten Verstärkers.
Beispiel :
Im rechten Bild werden an der Röhre 2 110,8 mA Kathodenstrom bei der maximalen Ausgangsleistung von 80 W (siehe Wattmeter) gemessen. Das Ausgangs-Signal ist noch Sinusförmig auf dem Oszilloscope - also kurz bevor das Signal begrenzt wird. An dem 10 Ohm Kathoden-Widerstand liegen jetzt : 1,1 Volt bei 110,8 mA = 0,134 Watt an. Aktuelle handelsübliche Mini-Widerstände verkraften immerhin 0,4 Watt , er wird einfach nur etwas warm. Wenn 200 mA Kathodenstrom fließen , fallen 2 V am Widerstand ab und die 0,4 Watt sind erreicht. Jetzt dürfte der Widerstand anfangen zu 'riechen' und sich langsam verfärben. Für eine EL 34 wird es jetzt 'eng' - im Datenbuch werden 150 mA als max. Kathodenstrom angegeben. Ich habe das zwar noch nicht getestet , gehe aber mal davon aus, das eine EL 34 das locker abkann. Bei 300 mA , was 0,9 Watt am Widerstand und dem doppelten Nennstrom der Röhre entspricht wird der Widerstand vermutlich abbrennen und den Stromfluß in der Endröhre endlich unterbrechen, bevor die Röhre bzw. der gesamte Verstärker Schaden erleidet.
Wenn ich mich nicht irre , hatten kleine Kohleschicht-/ Presswiderstände 'früher' ¼ Watt Belastbarkeit , noch kleinere sogar nur ⅛ Watt. Aktuelle Metallfilm-Widerstände lassen sich präziser herstellen, haben also kleinere Toleranzen und eine höhere Belastbarkeit bei gleicher Größe.
Die linke EL 34 ist von einem anderen Hersteller - wurde vermutlich einfach mal getauscht weil diese aus dem Quartett kaputt ging. Die vorgefundenen Ruheströme waren entsprechend chaotisch - hat trotzdem funktioniert. Solange die Anodenbleche nicht glühen . . . ;-) EL 34 können so etwas ab.
Abgespeckt :
Der zweite Becher-Elko wird z.Zt. nicht benötigt - das war anders geplant. Die aktuelle Technologie macht es möglich.
100 + 100 µF und 500 Volt Nennspannung in einem Becher-Elko.
Die Kapazität des Lade-Elko's hat sich dadurch bereits verdoppelt.
Beim originalen Aufbau wurden zwei Becher-Elko's benötigt um die gleiche Spannung-Festigkeit bei nur halber Kapazität zu erreichen.
Die Kapazitäten der Vorstufen-Siebkette haben sich auch nahezu verdoppelt.
Es sind jeweils zwei EL 34 parallel schaltet , testweise wird der Verstärker mir nur einer Röhre je Gegentakt-Zweig betrieben. Dadurch stimmt natürlich die Lastimpedanz des Ausgangs-Trafos nicht mehr, es ergeben sich aber dennoch keine merkbaren Probleme.
Die Ausgangsleistung reduziert sich auf gut die Hälfte. 40 W wären auch im Übungsraum genug.
Aktuell nur zu Hause benutzt läuft der Stromzähler einfach nur etwas langsamer weil die Leistungsaufnahme um knapp 50 Watt sinkt. Die Primärseite des Ausgangstrafos ist jetzt allerdings etwas zu niederohrig für zwei EL 34, was man ausgleichen könnte , indem ein 8 Ohm Lautsprecher jetzt an den 16 Ohm-Ausgang der Sekundär-Wicklung angeschlossen würde. Impedanzen werden analog zu Spannungen ebenfalls transformiert. Leider hat der Ausgangstrafo keine für 16 Ohm Last geeignete Wicklung. Man könnte aber einen 4 Ohm Lautsprecher an die 8 Ohm Wicklung anschließen . . .
Ich besitze allerdings keinen Gitarren-Lautsprecher mit 4 Ohm Impedanz - könnte aber zwei 8 Ohm Boxen parallel anschließen. Hätte dann auch wieder knapp 3 dB mehr Schall-Leistung als mit nur einem Lautsprecher, was die Reduzierung der Ausgangsleistung von ebenfalls 3 dB wieder etwas ausgleichen würde.
Reservierter Text . . . Thema : Messungen an der Endstufe :
Dann wird ein Meßsignal von 1 kHz Sinus - am Eingang der Phasen-Umkehrstufe eingespeist - um Verzerrungen durch die Klangreglung auszuschließen. Die Vorstufen-Röhre ECC83 wird zu diesem Zweck einfach entfernt und man kann z.B. den Koppel-Kondensator an Pin 6 der ECC83 benutzen. Siehe auch 'Meßsignal-Einspeisung' im Schalbild. Der Ausgang des Verstärkers wird zuvor mit einem entsprechendem Last-Widerstand abgeschlossen. Der Verstärker wird auf beste Signal-Symmetrie beim Nulldurchgang und bei maximaler Ausgangsleistung eingestellt.
Der 3,3 nF Kondensator in der Phasen-Umkehrstufe erzeugte das zeitweise teils sehr Impulsive Prasseln und Rauschen.
Hat ewig gedauert, bis ich diesen Fehler
gefunden habe . . .
Edit : 28.05.2018 . . .